Strategie ist die Entscheidung für den Fokus auf eine addressierbare Herausforderung oder Möglichkeit. Über Fokus habe ich im letzten Blogbeitrag geschrieben. Einen zu wählen erfordert Urteilsvermögen und Informationen.
Nur was ist addressierbar? Mit ein wenig Fantasie könnten Sie sagen, so ziemlich alles. Wenn einer es schafft, Raketen ins All zu schicken und gleichzeitig eine weltweit bekannte Marke für Elektroautos aufzubauen, dann kann es keine Grenzen der Addressierbarkeit geben.
Andersherum, jeder kennt sie, die Initiativen und Projekte über die keiner gern spricht. Dinge, die nicht funktioniert haben, obwohl so vieles richtig gemacht wurde. D.h. selbst kleine Prozesse, die schon etliche Male genutzt wurden, können plötzlich aus dem Lot geraten. Es reicht ein vom Standard abweichender Fall, um nicht ins Raster zu passen.
Nun, wenn Sie Themen für Herausforderungen oder Möglichkeiten sammeln, sie haben eine Einschätzung zumachen. Eine Einschätzung über die Umsetzbarkeit und das Potential. Evtl. auch über Wechselwirkungen mit anderen Aktivitäten.
Oft ist die Einschätzung schnell zu machen. Sie können zwar ein Team aufsetzen oder externe Berater beauftragen, aber dennoch, sie benötigen die Antwort nicht nach Monaten, sondern eher in Minuten.
Eine kleine Warnung vorab. Nach Kahneman neigen wir Menschen dazu, den Aufwand stark zu unterschätzen. Unser genaues Erinnerungsvermögen verblasst etwas und wir sind bei neuen Dingen oft zu optimistisch. Wenn ich mich recht erinnere, dann ist ein Faktor 5 bei Zeit oder Budget oft die Norm.
In Workshops starte ich gern mit vergangenen Erfolgen an. Hier sprechen alle gern darüber und geben Ihre Perspektive zu den Erfolgshebeln. Ich schaue gern nach der Größe des Potentials (weil kleine leichte Themen weisen auf eingeschränkte Adressierbarkeit von größeren Themen). Und nach dem Grad der erforderlichen Koordination in der gesamten Organisation oder mit Externen.
Koordination ist in großen Organisationen oft schwierig zu erreichen. Das liegt an unterschiedlichen Zielsetzungen oder die Art der Geschäftsbereiche. Wenn vergangene Erfolge auf eine ausgeprägte Fähigkeit zur Koordination über Silos hinweg hindeuten, dann ist es ein gutes Zeichen.
Liegt eine Chance innerhalb der Industrie, in der Ihre Organsation agiert, sind die Chancen statistisch höher, dort Werte zu schaffen, als in einer neuen Industrie. Auch wenn die Grenzen manchmal verschwimmen, Ihre Kunden kennen Ihre Organisation für etwas. Wenn Sie plötzlich etwas anderes machen, so werden nicht wenige Kunden verwirrt.
Stellen Sie die Frage: Was ist neu? Welche Erfahrungen gibt es bei Ihnen bereits, die darauf hindeuten, dass Sie mit dem Neuen umgehen können? Benennen Sie die Erfahrungen konkret. Das hilft Ihnen später in der Kommunikation, wenn Sie die Strategie in eine Geschichte verpacken. Sie können mit einer Analogie arbeiten. Das stärkt die Organisation.
Wenn Sie eine andere Organisation vorzugweise aus einer anderen Industrie kennen, die ein ähnliches Thema bereits angegangen sind, treten Sie in Kontakt. Lassen Sie sich von den Voraussetzungen und Hürden berichten, die Sie erwarten, wenn Sie das Thema angehen.
Wenn Sie ein Thema auf den Status "Strategisch" hiefen wollen, dann sollte es kein 0815 Thema sein. Dinge die Ihre Organisation routinemäßig erledigt, fallen nicht unter das Etikett "stategisch". So ist eine lange Liste mit Aktionspunkten, die alle toll und sonnvoll sind, keine Strategie, wenn sie sich routinemäßig umsetzen lassen. Sie brauchen ein Thema, bei denen Sie bewusst Ressourcen umverteilen oder Investitionen entsprechend tätigen. Es ist eine Entscheidung und auch eine Wette, weil sie auf einer Annahme basiert.
Die Einschätzung der adressierbarkeit erfordert Urteilsvermögen. Urteilsvermögen erfordert Beobachtungsgabe und Erfahrungen.